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LEP#101 – Interview Christian Schicklgruber

Laufen ist Wettkampf. Laufen braucht ein Ziel. Laufen ist strukturiertes Training.
Unser Interviewgast Christian macht das alles nicht und ist seit Jahrzehnten ein glücklicher Läufer.

Waldluft statt Chlorgestank

Bereits früh hat Christian sportlich richtig Gas gegeben. Als Leistungsschwimmer hat er sowohl die Ausdauer, als auch die umfassende muskuläre Grundlage geschaffen, um als fitter Athlet zu gelten. Im Rahmen des Trainings gab es auch regelmäßige Waldläufe (jaja, so hieß das Trailrunning früher). Diese Läufe fand er schnell sehr motivierend und sie hatten den großen Vorteil, dass man danach nicht nach Schwimmbad roch. Und so kam es, dass das Schwimmen abgehakt wurde und Laufen zur Passion wurde.

Ohne GPS-Uhr, ohne detailierte Routenplanung, einfach durch den Wald laufen. So muss das sein. Und nebenbei auch ein paar 10km – Marathonläufe absolvieren.
Um das richtig einzuordnen, soll an dieser Stelle erwähnt werden, dass bei Christian „nicht ganz flott“ eine 10km Zeit um die 34 Minuten bedeutet und einen Marathon unter 3 Stunden.
Doch der große Wettkämpfer war er nie. Einzig beim Veitscher Grenzstaffellauf hatte er quasi ein Abo gelöst. Beginnend mit 1992 hat er diesen Lauf bis 2014 ganze 11 Mal gefinisht und dabei mit einer persönlichen Bestzeit von 5:03:12 auch eine Marke gesetzt, die für viele Läufer ihr Leben lang ausser Reichweite bleibt.

Einen Blick von vorne auf ihn erhaschen nur wenige…


Mit dem Geburtsdatum 1961 sind diese Zeiten auch für Christian nicht mehr in Reichweite, aber „langsam“ ist er dennoch nicht. Ein schneller 10er oder ein Businessrun in 4:xx pro Kilometer ist immernoch gegangen.

Was treibt ihn also an?

Für Christian ist das Entdecken und die Zeit in der Natur wohl der Hauptgrund zu Laufen. Eine GPS-Uhr hat er zwar vor kurzem geschenkt bekommen, aber diese nutzt er nur um zu sehen, wann er laufen war. Die Tourenplanung „jetzt mal links“, „hier mal rechts“ gibt ihm viel mehr Freiheit und er muss sich nicht nach einer Route oder einer Vorgabe richten. Er nimmt sich einfach die Freiheit zu Laufen, wie, wo und wielange er mag.

Überraschung – du hast gewonnen

Neben dem Abo in der Veitsch und seinem Antritt beim 75km Lauf um den Traunsee hat Christian auch einen 100er im Weinviertel erledigt, den er nebenbei und für ihn überraschend auch gewonnen hat.
Eine unmarkierte Strecke und eine Flo’sche Rennplanung (Streckenbuch lesen kann ja jeder) und ein Nachtstart um 22:00 führten dazu, dass Christian nach dem ersten Marathon recht verloren war und sich bereits überlegt hat, ob er sich ein Taxi rufen sollte. In weiter Ferne sah er aber Lichtkegel und dachte, dass er gerettet ist, wenn er dahin aufschliesst. „Die Anderen haben sie die Strecke im Kopf“. Gesagt – getan – hat er sie eingeholt und in dieser Gruppe angekommen, hat er bemerkt, dass das die Führungsgruppe ist. Nach kurzem Hadern, ob er da mitlaufen soll, hat er das tatsächlich gemacht und zu viert sind sie dann im Ziel eingelaufen und haben den Lauf gewonnen.

Worldwide Runner

Beruflich oft in Nepal, hat er natürlich auch dort die Laufschuhe mitgenommen. Auf 5000 Metern über dem Meer ist der Sauerstoffgehalt gleich ganz anders und so hat er auch gleich Höhentrainings eingebaut.

Jeden Samstag gibt es im Kadmandutal einen Lauf, bei dem Nepalesen und Ausländer gemeinsam durch die Gegend laufen. Da hat er direkt mitgemacht und bei einem Plausch mit einem Nepalesen dachte er sich, er macht ein wenig auf dicke Hose, und hat erzählt, dass er auch Marathon läuft. Der andere Läufer darauf „Echt, super. ich auch“. Auf Nachfrage hat Christian erfahren, dass dieser beim Himalayan Marathon mitgemacht hat. Dieser hat allerdings 260km und besagter Läufer hat diesen gewonnen. Da verwundert es auch nicht, dass Christian ihn bald nur von hinten gesehen hat. Kurz darauf eine weitere Begegnung, die ähnlich ablief, nur dass dieser Läufer den Everest Marathon im Vorjahr gewonnen hat.

Hier sieht man aber, dass es wirklich weltweit üblich ist, dass bei Ultramarathons oder Trailläufen ein ganz anderer Spirit herrscht, wie bei Stadtmarathons.

Technische Gimmicks

Eine Laufuhr hat Christian, wie oben erwähnt, nachdem er diese geschenkt bekommen hat. Einen Pulsmesser sucht man in seiner Laufkiste vergeblich. Auch übermäßig viel Equipment und Verpflegung sind nicht seines. Ein Minimalist beim Laufen, der sich wirklich nur auf das wesentliche konzentriert…..Laufen!
Warum er läuft, dass weiss er auch nicht so richtig – „Weil es ihm taugt“.

Strukturiertes Training

Auch Trainingspläne oder strukturiertes Training findet man nicht in Christians Welt. Bevor er einen Marathon gelaufen ist, ist er schon ein paar längere Läufe ein „bisschen schneller“ gelaufen. Wer nun glaubt, dass da wohl Zeiten jenseits der 4 Stunden rauskommen, hat sich geirrt. Noch ohne Nettozeitnehmung ist er dennoch in unter 3 Stunden im Ziel gewesen. Ob London, Wien oder Prag – da hat er schon einiges mitgemacht und den Beginn des Marathonbooms miterlebt.
Ohne große Ziele, ohne Ambitionen kommt er überall, wo er ist, zum Laufen und sieht doch sehr viel von der Welt.

Fazit

Das Fazit dieses großartigen Interviews ist – Laufen des Laufens wegen kann so vielseitig sein. Dabei kann es durchaus eine sportliche Geschwindigkeit sein …. muss man nur machen. Das ist wohl auch das Zauberwort – einfach mal machen.


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